Fühlen ist unglaublich anstrengend. Nicht nur auf der emotionalen Ebene, sondern auch physisch. Diese Erfahrung mache ich jedes Mal wieder, sobald ich wirklich JA sage. Denn meiner Erfahrung nach bedeutet ein tiefes, bedingungsloses JA zum Fühlen auch ein JA zum Schmerz.
Willkommen in der Welt der Co-Existenz und Paradoxien.
Dem Fühlen Raum zu geben, allem offen und ehrlich zu begegnen, was sich zeigen möchte, sowie mir zu erlauben, dass alles sein darf und nichts einer Wertung bedarf, ist eines der herausforderndsten und mutigsten Dinge, die ich je getan habe und je tun werde. Und oft fehlt mir der Mut dazu.
Denn wahrhaftiges Fühlen ist ein Wagnis. Zumindest in meiner Welt. Ein Wagnis, das bedingungslose Hingabe, Akzeptanz und enorme Kraft verlangt. Und dafür darf ich bereit sein. Bin ich es nicht, treten einstudierte Muster, gelernte Schutzstrategien und diverse Verteidigungsmechanismen in Kraft, die die Reinheit des Gefühls trüben, dem Gefühl eine (Be)Wertung zuschustern und oder sogar das Gefühl ganz verdammen. Im Sinne von „Das darfst Du nicht!“, „Stell Dich nicht so an!“, „Reiß Dich doch endlich mal zusammen!“, „Was hast Du denn schon wieder?“... usw.
Inzwischen schaffe ich es immer öfter dem Fühlen Raum zu lassen, interessiert und liebevoll in die Gefühle einzutauchen, sie fließen zu lassen, mir selbst und meinen inneren Kindern mit der Ruhe und einer Form von Frieden zu begegnen. Und gleichzeitig stehe ich jedes Mal aufs Neue ganz am Anfang.
Ich weiß nicht, ob fühlen jemals leichter wird. Gerade brandete eine enorme Trauerwelle über mich hinweg und ich fühle mich erschöpft, todmüde und könnte gefühlt 10 Jahre schlafen. Vor allem Trauer empfinde ich als unheimlich anstrengend und kräftezehrend. Vielleicht liegt das daran, dass es mir am schwersten fällt zu ihr Zugang zu finden und ihr Raum zu lassen. Vielleicht ist das die Natur der Trauer. Ich weiß es nicht. Eines habe ich jedoch heute erkannt. Ich hatte meine Trauer mit einem „MUSS“ belegt… und dass ‚müssen‘ Blockaden erschafft, statt Dinge ins Fließen zu bringen, ist mir mehr als bekannt.
„Ich habe so viel zu betrauern, ich MUSS weinen, um mein System zu reinigen.“
„Ich MUSS mich betrauern, dann wird alles wieder gut.“
Zusätzlich habe ich die Trauer auf einer unbewussten Ebene habe ich mit der Trauer eine „wenn…, dann…“-Bedingung verknüpft.
„Wenn ich endlich Zugang zu meiner Trauer habe und weine,
…erst dann kann es mir wieder gut gehen.“
…erst dann kann ich heilen.“
…erst dann kann ich Freude empfinden.“
Im Grunde waren mir diese Verknüpfungen schon vor der heutigen Welle bewusst, jedoch habe ich ihre Existenzgrundlage und deren Wahrheitsgehalt nie in Frage gestellt. Ich war wirklich davon überzeugt, dass mich der Zugang zu meiner Trauer den entscheidenden Schritt auf meiner Heilreise voranbringen würde. Dass ich mir mit dieser Einstellung maximal selbst im Weg stand und mich damit vielmehr selbst blockiert habe… joa, das war mir dann wohl nicht bewusst.
Während der heutigen Trauerwelle hatte ich immer wieder den Impuls etwas aufzuschreiben, um mich in meinem Prozess zu unterstützen. Folgender Text kam dabei heraus.
Ich möchte trauern.
Ich möchte mich betrauern.
Ich möchte mich betrauern dürfen.
Nach Jahrzehnten des Leids möchte ich all das, was sich in mir angestaut hat und nie gefühlt werden durfte, zum Ausdruck bringen, es herauslassen. Ich möchte mich befreien.
Ich möchte mir das Geschenk machen den enormen Druck abzulassen, zu fühlen, abzuweinen.
Ein emotionaler Aderlass in positivster Hinsicht.
Weinen. Was für ein Geschenk. Was für eine Erleichterung. Was für ein Loslassen.
Was für ein buchstäbliches Fließenlassen.
Ich erlaube mir Tränen.
Ich erlaube mir Tränen.
Ich erlaube mir Tränen.
Ich darf mich betrauern.
Ich darf mich betrauern.
Ich darf mich betrauern.
Ich darf trauern.
Ich darf trauern.
Ich darf trauern.
Ich darf traurig sein.
Ich darf traurig sein.
Ich darf traurig sein.
Gegen Ende kamen vier Mantren heraus, die mich auf meiner Reise in die Trauer unterstützen wollen. Auf einer viel tieferen Ebene, als mein Verstand greifen kann, scheine ich realisiert zu haben, dass es nicht darum geht ‚weinen zu müssen, um zu…‘.
Es geht um die Erlaubnis. Es geht darum mir selbst die Erlaubnis zu geben zu trauern und zwar weil ich trauern MÖCHTE. Ich möchte trauern, schlicht weil es mich erlöst. Ich möchte weinen, weil es mich reinigt. Ich möchte trauern, weil meine inneren Kinder nie trauern durften. Ich möchte weinen, damit meine inneren Kinder die Gelegenheit haben zu erfahren, dass Trauer und Tränen nicht mehr Angst und Schrecken bedeuten. Ich möchte Tränen fließen lassen, dass meine inneren Kinder, mein FrauSein und meine Weiblichkeit endlich (er)leben, dass wir auch Wasser sind und Wasser wunderschön sein kann.
Ich bin Feuer UND Wasser. Und das ist wunderschön.
Leben ist paradox.
Und genau das macht es zum interessantesten Spiel, an dem ich je teilnehmen durfte.
DANKE!
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